Warum dein Pferd sich losreißt

Nachdem es nun abends wieder früher dunkel wird, die Temperaturen fallen und der Wind sich erhebt, häufen sich die Berichte über Pferde, die auf dem Reitplatz plötzlich Gespenster sehen.

Aber woran liegt das eigentlich? Und warum tritt dieses Phänomen gerade rund um Halloween gehäuft auf?

Schauen wir uns das Ganze einmal systematisch an.

Der Reitplatz


Schau dir den Reitplatz mal ganz nüchtern an. Vielleicht ist es ein großer, ebener Sandplatz mit einem Zaun drum herum. Über den Zaun hinweg kann man in jede Richtung in die Ferne schweifen. In diesem Fall hast du ganz gute Karten, nicht vom Halloween Syndrom betroffen zu sein 😉

Vielleicht liegt dein Platz aber neben einem Wald mit noch dichtem, bunten Blattwerk und viel raschelndem Laub auf dem Boden, das durch Wind oder kleine Tiere aufgewühlt wird.
Vielleicht dringen aus dem tieferen Wald Geräusche. Wenn du mittags reitest, vielleicht Baumsägearbeiten in weiterer Ferne, wenn du spät abends unterwegs bist, vielleicht eine Eule.

Vielleicht ist der Platz mit Büschen umsäumt, die dir Windschatten geben, dafür aber den Blick auf den Bereich hinter den Büschen verbergen. Vielleicht ist hinter den Büschen ein Spazierweg, auf dem 1-2x pro Reitstunde eine Hund spazieren geführt wird, man weiß nur im Vorfeld nicht genau, wann. Vielleicht gehen dort Menschen mit großen Regenschirmen spazieren, die durchs Gebüsch schimmern, oder jemand telefoniert gerade und antwortet seinem redelustigen Gesprächspartner nur kurz und knapp, während er schon fast am Reitplatz vorbei ist.
Vielleicht liegt der Reitplatz neben einer Halle, in der hin und wieder mit einem Trecker Heuballen umgeschichtet werden? Auch wenn der Trecker gerade jetzt nicht aktiv ist, dein Pferd wird sich erinnern, wenn es hinter einer blickdichten Wand Geräusche gehört hat, die es nicht zuordnen konnte.

Vielleicht liegt der Reitplatz in der Nähe einer Straße, auf der hin und wieder auch laute LKW entlang donnern.
Vielleicht ist neben dem Reitplatz ein anderes Gebäude oder ein Erdwall, der daran hindert, Geräusche entsprechend zuzuordnen.
Vielleicht liegt der Reitplatz auf dem platten Land in einer Windschneise, und der Wind weht immer mal wieder Geräuschfetzen oder Gerüche vom benachbarten Gartenbaubetrieb ein paar Kilometer weiter herüber.
Vielleicht reitest du nach der Zeitumstellung nun plötzlich wieder mit Beleuchtung auf dem Reitplatz und es gibt dort hellere und dunklere Ecken. Vielleicht verändert sich der Schatten deines Pferdes, während es von einem Lichtkegel in einen anderen läuft.

Vielleicht gibt es auf dem Nachbargrundstück einen Hund, der hin und wieder laut bellend angerannt kommt, vielleicht ist neben dem Reitplatz der Anhängerstellplatz, wo der Wind durch pfeift, vielleicht spielen in der Nähe schon mal Kinder der Einstaller oder auf der Wiese nebenan toben Pferde oder andere Weidetiere, die dein Pferd verunsichern könnten.

Vielleicht ist es auch eine Mischung aus mehreren hier beschriebenen Faktoren.

Das Training


Hach ja, der Sommer war schön! Es war schön und lange warm, lange hell und wir haben die schönsten Ausritte gemacht! Vielleicht noch mit einer Freundin und ihrem Pferd, so konnten wir in Ruhe quatschen, während die Pferde am langen Zügel entspannt Schritt gehen konnten. Sozusagen eine WIN-WIN-WIN-WIN Situation 😉

Aber jetzt ist das Wetter schlecht und ungemütlich, es regnet, zum Ausreiten ist es zu dunkel, meine Freundin muss lange arbeiten, aber mein Pferd bewegt werden. Was liegt da näher, als endlich wieder ins „richtige“ Training einzusteigen? Im Sommer nur entspannt daher gelatscht sind wir ja jetzt schließlich genug. Und beim anstrengenden Training wird einem dann auch trotz Usselwetter schön warm.

Während wir bei den Ausritten immer mit ein paar Mädels unterwegs waren, sieht es abends auf dem Reitplatz schon einsamer aus. Eine Freundin muss arbeiten, die nächste ist erkältet und die dritte bleibt heute lieber gemütlich auf der Couch. Mein Pferd ist seit langer Zeit gefühlt mal wieder ganz allein.

Meine Erwartung


Jetzt, wo wir notgedrungen wieder auf den Platz müssen, soll das Pferd dann bitteschön auch richtig arbeiten. Wir sind ja nicht zum Spaß hier. Vielleicht habe ich auch einen Reitlehrer, der mich unsanft daran erinnert, dass mein Pferd über den Sommer etwas zugenommen hat, nun so vor sich hinschlurft und ich nun einmal für etwas mehr Ernsthaftigkeit im Training sorgen sollte.

Also, tief einatmen, Hacken runter und los geht’s!

Die Erwartung meines Pferdes


Hach, der Sommer war schön! Saftige grüne Wiesen, lange mit den Kumpels draußen und zwischendurch entspannte Ausritte mit der besten Freundin/dem besten Freund…

Jetzt kommt der Herbst, mein Pferd bereitet sich schon mal auf die Winterpause vor. Der Energielevel sinkt und wird nur hin und wieder durch einzeln Buckel- und Bockaktionen unterbrochen, wenn das Pferd sich aufwärmen möchte.

Das Wetter


An vielen Ställen verändert sich mit dem Wetter auch die Haltung. Auf den Wiesen ist nicht mehr viel Grünes drauf, der Weidegang wird vielleicht bereits beschränkt, um die Wiesen zu schonen, die freie Bewegung ist nur noch reduzierter möglich.

Winterausläufe sind oftmals kleiner und es stehen hier mehr Pferde zusammen, was zusätzlich zu Stress untereinander führen kann. Ein nur begrenztes Futterangebot setzt der Psyche zusätzlich zu.

Die Befindlichkeiten


Auch wenn wir es oftmals nicht wahr haben wollen: Auch unsere Laune und Anspannung verändert sich manchmal mit dem Wetter. Und wer könnte dies wohl schneller und intensiver wahrnehmen als das hoch empathische Wesen Pferd?

Jetzt haben wir hier viele Gründe zusammengetragen, den Reitplatz zu vermeiden, oder?
Aber das ist gar nicht nötig.

Was kann ich tun?


Oftmals hilft es schon, sich die oben genannten Schwierigkeiten bewusst zu machen, die da nun auf mein Pferd einwirken. Vielleicht kann ich einfach ein paar Tage Reitplatzgewöhnung einschieben, bevor mein Wintertraining startet.

Hat dein Pferd Angst vor einer bestimmten Ecke?

Führe dein Pferd durch diese Ecke, und gehe du bewusst auf der Seite der großen Gefahr. Auch wenn dies bedeutet, dass du dein Pferd mal von der „anderen“ Seite führen musst 😉
Dein Pferd sieht so, dass DU diese Ecke nicht fürchtest und dass du dich darüber hinaus auch noch schützend zwischen die Gefahr und dein Pferd stellst.

Aber gib der Ecke auch nicht zu viel Bedeutung! Eine sofortige Pause in der Ecke oder ein „guck mal, da ist doch gar nichts“ macht es für viele Pferde noch schlimmer, weil sie eben spüren, dass diese ohnehin schon gruselige Ecke auch aus deiner Sicht merkwürdig ist, weil du deinen Fokus so sehr darauf legst.
Gehe mit deinem Pferd vor dem Aufsitzen zu Fuß einmal um den Platz herum. So kannst du direkt vom Boden aus checken, ob es heute irgendwo problematische Ecken oder Bereiche gibt.

Sofern dein Pferd in einer Ecke nach innen drückt, gib dem keine zu große Bedeutung, geh einfach noch eine Runde, ohne die Ecke besonders zu beachten.
So zeigst du deinem Pferd, das alles in Ordnung ist.

Es hilft oft, Probleme an bestimmten Orten zunächst vom Boden aus zu lösen. Auf dem Boden hast du im besten Fall einen unabhängigen Stand und kannst deinem Pferd so noch mehr Sicherheit geben, als wenn du auf seinem Rücken vielleicht einen Hüpfer ausgleichen musst und dich unbewusst fest hälst oder die Beine schließt, um nicht herunter zu fallen.

Wenn es während des Trainings Probleme gibt oder dein Pferd unsicher erscheint, kannst du jederzeit wieder absteigen und deine Übungen einbauen.
Übrigens: Häufiges Auf- und Absteigen wärmt und trainiert auch deine Muskeln.

Steige erst auf dein Pferd, wenn dieses so mit der aktuelle Umwelt im Einklang und damit einverstanden ist, dass du aufsteigst. Ob dein Pferd mit dem Aufsteigen einverstanden ist, kannst du hier nachlesen.

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