Anforderungen an ein Therapiepferd

Im Rahmen der tiergestützten Therapie soll der Umgang mit dem Pferd dabei helfen, die Wahrnehmung zu schulen. Es geht um Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung, um Körpersprache und Ressourcenaktivierung bei den Patienten. Die Patienten sollen ganz bei sich sein und die Welt und sich selbst erfühlen. Es geht um Verantwortung und den Aufbau von Beziehungen.

Die Patienten beobachten die Pferde auf der Weide, werden das Pferd aufhalftern, zum Putzplatz führen, putzen, mit ihm spazieren gehen und auch misten. Reiten ist grundsätzlich nicht Bestandteil dieser Therapieform, dennoch kann es den Patienten helfen, zum Beispiel den Kopf auf das Pferd zu legen, um besser fühlen zu können.

Die Patienten lernen, wie sie sich selbst verhalten müssen, damit das Pferd sich auf der Wiese aufhalftern lässt oder ihnen zum Beispiel durch einen Parcours folgt.

Die Patienten sind in der Regel mindestens 4 Jahre alt, die Altersspanne nach oben ist nicht begrenzt. Es werden Patienten mit und ohne geistige Behinderung therapiert.

Einzeltherapiestunden werden in der Regel nur mit dem Patienten alleine durchgeführt, Eltern kommen evtl. später einmal dazu. Die Therapie wird in der Regel einen Umfang von 1,5h pro Patient haben.

Anforderungen aus pferdepsychologischer Sicht:

Die Ausbildung sowie das weitere Management eines Therapiepferdes muss das Pferd auf die hohen Anforderungen in der tiergestützten Therapie vorbereiten, damit das Pferd psychisch und physisch selbst keinen Schaden davonträgt.

Menschen sind Raubtiere. Viele sind Fleischesser, das riechen die pflanzenfressenden Pferde sofort. Menschliche Augen sind frontal am Kopf angebracht, wie alle Raubtiere neigen wir dazu, frontal auf unser Gegenüber zuzugehen, schnell zuzupacken und weniger schnell wieder loszulassen.

Es erfordert Offenheit und Verständnis des Menschen für die Bedürfnisse des Pferdes, damit sich ein Pferd in seiner Nähe wohlfühlt. Im Rahmen der tiergestützten Therapie wird das Pferd aber ggf. mit Personen konfrontiert, die dieses Verständnis oder die Offenheit (noch) nicht haben.

Pferde spiegeln die Emotionen des Menschen. Ein Pferdemensch sollte daher in der Gegenwart seines Pferdes stets ausgeglichen sein. Da dies von den Patienten im Rahmen der tiergestützten Therapie noch nicht verlangt werden, bzw. eben dies ein Ziel der Therapie sein kann, ist der Therapeut noch einmal ganz besonders gefragt, seinem Pferd hier den nötigen Rückhalt zu geben.

Folgende Grafik verdeutlicht die Voraussetzungen, die für die Ausbildung und den Erhalt eines psychisch gesunden und ausgeglichenen Therapiepferdes erfüllt werden sollten.

Fundament: Beziehung zwischen Pferd & Therapeut

Das Fundament eines guten Therapiepferdes stellt die Beziehung zum Therapeuten dar. Therapeut und Therapiepferd müssen sich gegenseitig sehr gut kennen, denn sie müssen sich 100% aufeinander verlassen können. Nur aufgrund einer tragfähigen Beziehung wird das Pferd in der Lage sein, die hohen Anforderungen zu erfüllen.

Wie gelassen das Pferd von Natur aus, und wie gut die Vorbereitung der weiteren Säulen auch sein mögen, es kann immer etwas für Pferd und Mensch Unvorhergesehenes geschehen.

Es ist durchaus denkbar, dass ein Patient sich unfair gegenüber dem Pferd verhält, einen Wutanfall oder sonstigen emotionalen Ausbruch zeigt, der für das Pferd nicht nachvollziehbar ist. In einer solchen Situation muss das Pferd davon überzeugt sein, dass sein Mensch auf ihn Acht gibt und die Situation im Sinne des Pferdes lösen wird.

Säule 1: Wesen des Pferdes

Ein Therapiepferd sollte von Natur aus dem Menschen gegenüber offen sein, es sollte neugierig, freundlich und gelassen sein. Es sollte nicht zu Panik neigen und längere Zeit still stehen können.

Es sollte freundlich und unaufdringlich mit seiner Nase sein, damit Patienten keine Angst bekommen oder gar verletzt werden.

Das Wesen des Pferdes ist nicht ab der Geburt festgelegt, sondern wird von vielen Faktoren beeinflusst. So spielt zum Beispiel eine große Rolle, welche Einstellung die Mutterstute zum Menschen hatte und wie der erste Kontakt als Fohlen mit einem Menschen abgelaufen ist. Hier werden oftmals die Weichen für das weitere Verhalten des Pferdes gestellt. Die Sozialkontakte und Haltungsbedingungen während der Aufzucht spielen eine Rolle, genau wie das Datum des ersten Trainingsbeginns und der Ablauf desselben, aber auch die Fütterung.

Säule 2: Desensibilisierung

Der Wind wirft einen Eimer um, eine Katze springt aus dem Gebüsch, ein Spaziergänger spannt einen Regenschirm auf… Gerade in der tiergestützten Therapie muss das Pferd auch in solchen Situationen entspannt bleiben können. Das Pferd sollte daher regelmäßig mit ungewöhnlichen Gegenständen und Situationen konfrontiert werden. Dabei ist der Fantasie keine Grenze gesetzt: Gießkannen, Bälle verschiedener Größe aus unterschiedlichen Materialien, Planen, Tücher, eine knisternde Rettungsdecke, eine alte Matratze zum Darüberlaufen, ein Wasserschlauch, Gartensprenger, Regenschirme, Musik; Traktoren in verschiedenen Farben, Kühe, mit Plane abgedeckte Felder, Auto mit laufendem Radio, Windräder (die z.B. große Schatten werfen)…

Ganz wichtig: Die Neugier und das Interesse des Pferdes an verschiedenen Gegenständen und Situationen muss erhalten und gefördert werden!

Ein abgestumpftes Pferd hat sein natürliches Verhalten teilweise abgelegt und erträgt viele Sachen einfach nur, es kann kein verlässlicher Partner sein.

Säule 3: körperliche Fitness

Pferde sind Beutetiere, ihre erste Reaktion bei Gefahr ist die Flucht. Eine Verteidigung durch Tritte oder Bisse erfolgt in der Natur nur, wenn der Feind schon zu nah ist oder eine Flucht aus anderen Gründen nicht mehr möglich. Daraus folgt, dass Pferde Erregung durch Bewegung ihrer Füße abbauen.

Wie beim Menschen auch besteht ein enger Zusammenhang zwischen physischer und psychischer Fitness.

Auch wenn im Rahmen der tiergestützten Therapie das Reiten in der Regel nicht enthalten ist, muss das Pferd dennoch körperlich fit sein um gelassen an seine eigentliche Aufgabe herantreten zu können.

Säule 4: artgerechte Haltung und Fütterung

Es ist zu unterscheiden zwischen Bewegungsbedürfnis und Bewegungsbedarf eines Pferdes.

Das Bewegungsbedürfnis ist individuell und hängt mit den Haltungsbedingungen und der Verteilung der Fixpunkte ab, die das Pferd täglich erreichen muss (Futter, Wasser, Schlafplatz, Platz für Ausscheidungen, interessante Dinge, die untersucht werden wollen).

Der Bewegungsbedarf hingegen ist unabhängig von den Haltungsbedingungen und bei jedem Pferd (nahezu) gleich. Für die Gesunderhaltung von Bewegungsapparat (z.B. Bildung von Gelenkschmiere), Kreislauf sowie der Verdauung ist ein Mindestmaß an täglicher Bewegung erforderlich.

Dem Pferd muss die Möglichkeit gegeben werden, täglich ausreichend Sozialkontakte pflegen können.

Das natürliche Futter der Pferde ist i.d.R. relativ energiearm und rohfaserreich, Pferde in der freien Natur verbringen etwa 12-18h täglich mit Fressen. Für eben diese Ernährungsweise ist auch der Verdauungstrakt jedes Pferdes ausgelegt.

Ausreichende Raufutter-Fütterung auf dem Paddock sorgt zum einen für Beschäftigung, zum anderen ist eine ausreichende Raufuttermenge aufgrund der enthaltenen Aminosäure L-Tryptophan wichtig für den Serotoninspiegel, der für das Glücksempfinden verantwortlich ist.

Möchtest du dein Pferd im Rahmen der Therapie einsetzen und brauchst Hilfe bei der Ausbildung?

Möchtest du wissen, ob dein Pferd für den Einsatz als Therapiepferd  geeignet ist?

Hast du Fragen oder Ergänzungen zum oben dargestellten Konzept?

Hinterlasse einen Kommentar oder nimm direkt HIER Kontakt zu mir auf.